Sonntag, 24. November 2013

Der finnische Sozialstaat

Freiwillige Versicherungen haben eine lange Tradition in Finnland. Seit 1917 gibt es Gewerkschaften, die mit staatlichen Subventionen ihre Mitglieder gegen Arbeitslosigkeit versichern. Diese freiwilligen Mitgliedschaften gibt es in allen skandivanischen Ländern seit dem vorletzten Jahrhundert, und nach und nach haben sie immer mehr staatliche Finanzunterstützung erhalten. Diese freiwillige Institution existiert bis heute: neben der gesetzlichen und der privaten Versicherung sind 80 - 90% aller Schweden, Finnen und Dänen in einer Gewerkschaft versichert. Für die restlichen Prozente gibt es eine zustätzliche staatliche Arbeitslosenversicherung, deren Unterstützung vom Einkommen, nicht vom Gehalt abhängig ist. In Deutschland spielen Gewerkschaften nur eine Rolle im Verhandeln über ein paar Euro mehr Gehalt. Hartz IV und Arbeitslosengeld ist staatlich, nicht gewerkschaftlich organisert.

Es gibt keinen Föderalismus in Finnland. Es gibt ihn schon, aber die Spannung wird nur zwischen den beiden Polen des Staates und der Gemeinde ausgetragen. Es gibt keine Länder. Diese dritte Ebene ist weggefallen, ein Relikt was die rasche Ausbildung des Wohlfahrtstaates begünstigte. Je mehr Vetospieler auf dem politischen Spielbrett, umso langsamer die Modernisierung einer Nation. Denn es können immer mehr BürgerInnen und Institutionen die "Stopp-Karte" dem Wandel zeigen, und soziale Veränderungen des Wohlfahrtstaates verlangsamen. Es gibt nur die Selbstregierung der Gemeinde und eine zentralen Regierung. Damit, so elaboriert der Autor meines Buch über Sozialpolitik ausschweifend, wurde die "Distanz zwischen dem staatlichen Bereich und der Zivilgesellschaft verkleinert und verschwommen". Wenn die Gemeinde und der Staat kooperieren, sind Staat und Bürger eins.

Die Renten sind jedoch einkommensabhängig organisiert. Sie wurde konsensorientiert mit den Gewerkschaften und den Arbeitgebern in den 60ger Jahren eingeführt. Aus dem Rententopf wurden in dieser Zeit mehrere Infrastrukturprojekte finanziert und die elektrische Versorgung für die finnische Bevölkerung ausgebaut. Nach dem zweiten Weltkrieg war Finnland - mal mit Russland, mal mit Deutschland liiert, - zerstört. Bis in die 50ger Jahre hinein mussten Reparationen an die Sowjetunion gezahlt werden. Das, so mein finnischer Nachbar Eeku, bildete die eigentliche Basis für den Wohlfahrtstaat. Da man den Russen auch elektrische Geräte und Maschinen lieferte, musste parallel die Lieferwege gebaut werden. So erhielt Finnland gleichzeitig die Basis einer gut funktionieren Infrastruktur.

1 Kommentar:

  1. Glückwunsch zu Gelegenheit nicht neutrale Geschichtsschreibung lesen zu müssen!

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